Salongespräch am 4. Dezember 2006

Was ist Glück?

Ein Gespräch mit dem Lebenskunst-Philosophen Wilhelm Schmid über ein Glück, welches auch die Widersprüche des Lebens umfasst.



Alle reden vom Glück. Alle Menschen wollen glücklich werden, und nie schien ihnen das dringlicher zu sein als heute. Nicht wenige Menschen aber werden unglücklich, nur weil sie glauben, immer glücklich sein zu müssen.

So erzeugt die Jagd nach dem permanenten Glücksgefühl eher Leistungsdruck und Stress als tatsächliches Glück. Oder, wie es Bert Brecht in seiner »Dreigroschenoper« besungen hat: »Ja, renn nur nach dem Glück, doch renne nicht zu sehr. Alle rennen nach dem Glück, das Glück rennt hinterher.« Doch was ist Glück überhaupt? Welche Bedeutung hat Glück für ein gutes Leben? Welcher Weg zum Glück könnte gangbar sein, welcher nicht?

Nachdenkenswerte Einsichten dazu vermittelte der Vortrag des Philosophen Wilhelm Schmid über das »Glück der Fülle«. Sein Verständnis von Glück umfasst auch jene Lebenserfahrungen, die wir normalerweise nicht mit Glück verbinden: die Widersprüche des Lebens, die alltäglichen Kuriositäten, die Nichterfüllung von Wünschen, das Misslingen und das Scheitern. »Denn Glück«, so Schmid, »ist das erfüllte Leben, die gesamte Weite der Erfahrungen zwischen Gegensätzen und Widersprüchen. Diese sind es, die uns das Gefühl geben, wirklich, voll und ganz zu leben«.

Dass philosophische Gespräche über die Gegensätze und Widersprüche des Lebens auch durchaus heiter sein können, erlebten die Gäste des Abends im anschließenden Gedankenaustausch mit Wilhelm Schmid. »Philosophie - damit hatte ich Gedankenschwere assoziiert. Dabei habe ich im Kreise lieber Menschen einen selten heiteren und amüsanten Abend verbracht. Leicht und gelöst bin ich nach Hause«, so das Resümee einer Teilnehmerin, das von vielen geteilt wurde.


Für mich als Initiatorin der Salongespräche war dieser Abend ein schöner Abschluss des Gedankenaustausches über Glück in diesem Jahr. Für das kommende Jahr wünsche ich allen jenes Glück, welches auch den Polaritäten des Lebens standhält:

G
wie
Gelassenheit - weil es glücklicher macht, gelassen durch die Fülle des Lebens zu gehen.
L
wie
Liebe - weil Liebe das ist, was wirklich zählt – und das, was bleibt, wenn wir gehen müssen.
Ü
wie
Übermut - weil es gut tut, auch scheinbar Verrücktes zu wagen und mutig zu sein.
C
wie
Charakter - weil es sich lohnt, eine Haltung zu haben, zu etwas zu stehen und für etwas einzustehen.
K
wie
Kommunikation - weil die Verständigung miteinander auch zu einem Verstehen untereinander führen kann.

In diesem Sinne:
Viel Glück!

Monika Thiel


Auftaktveranstaltung 16.3.2005
Salongespräch 20.3.2006

Zum Gesprächspartner:


Wilhelm Schmid, freier Philosoph, geb. 1953, lebt in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt und als Gastdozent an der Staatlichen Universität Tiflis (Georgien). Regelmäßige Tätigkeit als »philosophischer Seelsorger« am Spital Affoltern am Albis bei Zürich.

Seine Homepage: lebenskunstphilosophie.de




Buchempfehlungen:




Die Fülle des Lebens. 100 Fragmente des Glücks (Insel Verlag 2006)

Die Kunst der Balance. 100 Facetten der Lebenskunst (Insel Taschenbuch, Frankfurt a. M. 2005)

Mit sich selbst befreundet sein. Von der Lebenskunst im Umgang mit sich selbst (Suhrkamp Verlag, Reihe Bibliothek der Lebenskunst, Frankfurt a. M. 2004)